Gestalltungsmittel


                                                       Barocklyrik


                                                       Signaturenlehre

Im 17. Jahrhundert wurde die Welt noch als „zeichenhaft“ verstanden, die Signaturenlehre (= Lehre von der Zeichenhaftigkeit der Dinge) verlor ihre wissenschaftliche Bedeutung erst im 18. Jahrhundert. Der zentrale Gedanke ist, dass alles Irdische zu den Menschen spricht und gewissermaßen eine moralische Botschaft zum Ausdruck bringt. Die gramte Umwelt, d.h. Phänomene der Natur, gilt daher als „lesbar“. Die Welt gilt insofern als Zeichensystem, das die Menschen lesen können.
Beispiel:
Das Erscheinen eines Kometen verweist auf eine bevorstehende Katastrophe.
Gott als Schöpfer hat die Dinge der Natur als Zeichen geschaffen, damit die Menschen mit ihrem Verstand die Welt begreifen können (Erkenntnis = Optimismus).

Andreas Gryphius

                                                       Einsamkeit

In dieser Einsamkeit der mehr denn öden Wüsten,
Gestreckt auf wildes Kraut, an die bemoosten See,
Beschau ich jenes Tal und dieser Felsen Höh,
Auf welche Eulen nur und stille Vögel nisten.

Hier, fern von dem Palast, weit von des Pöbels Lüsten,
Betracht ich, wie der Mensch in Eitelkeit vergeht,
Wie auf nicht festem Grund all unserer Hoffnung steh,
Wie die vor Abend schmähn, die vor dem Tag uns grüßten.
Die Höhl, der raue Wind, der Totenkopf, der Stein,
Denn auch die Zeit auffrisst,die abgezehrten Bein
Entwerfen in dem Mut unzählige Gedanken.“
(...)




                                                     Emblematik

Der Ursprung dieser Kunstgattung liegt im 16. Jahrhundert. Die Emblematik beruht auf der Siganturenlehre, da sie ebenfalls natürliche Dinge als moralische Argumente präsentiert. Zum Verständnis barocker Dichtung ist die Kenntnis der Emblematik unverzichtbar, weil vielfach „emblematisch“ argumentiert wird.
Der Mailänder Andrea Alciati (1492-1550) veröffentlichte 1531 in Augsburg, wo der Buchdruck bereits weit entwickelt war, sein Buch „Emblemotum libre“. Daraus ergibt sich die Dreifaltigkeit der Embleme.

Dreifaltigkeit des Emblems
  • inscriptio (Motto): sie signalisiert den moralischen Sinn
  • pictura: meist Darstellungen aus der Natur,die als Faktum geglaubt werden können
  • subsiriptio: sie einthält eine ausdeutende Unterschrift

Der Erfolg dieser Gattung im 17. Jahrhundert ist darauf zurückzuführen, dass eine moralische Bedeutung durch geistreiche Gestaltung ausgeformt wird (Kernprinzip des Barock Manierismus). Der Erfolg der Emblematik im Barock kann möglicherweise als Ironisierung der Signaturenlehre erklärt werden.

Emblematisches Wissen hat sich bis heute in der Alltagssprache gehalten, zum Beispiel in der Redewendung „Krokodilstränen“ weinen.





                                           Dialogischer Charakter


Die Andersartigkeit der Lyrik des 17. Jahrhunderts wurde durch nichts so unterstützt wie die triumphale Entfaltung der Gelegenheitsdichtung. Goethe betonte immer wieder, dass all seine Gedichte Gelegenheitsdichtungen waren, da er von der Wirklichkeit angeregt wurde und er sie nicht aus der Luft gegriffen hat. Fast jeder Gedichtsband aus dem 17. Jahrhundert enthält eine große Anzahl Kasualgedichte (=Gelegenheitsgedichte) von Ereignissen wie zum Beispiel Taufen, Hochzeiten, Geburtstagen, Festtagen,….
Diese Gedichte sind Antworten auf die Welt, auf ihre konkreten Situationen und nicht nur Ausdruck privater Erlebnisse, Erfahrungen und Gefühle.
Diese Lyrik ist primär dialogisch, nicht monologisch angelegt. Sie steht der Welt gegenüber, anstatt sich mit ihr zu identifizieren.

Paul Fleming
                                                        
                                                           An sich

Sei dennoch unverzagt, gib dennoch unverloren,
Weich keiner Glücke nutz, steh höher als der Neid,
Vergnüge dich an dir und acht es für kein Leid,
Hat sich gleich wieder dich Glück, Ort und Zeit verschworen.“

Was dich betrübt und labt,halt alles für erkoren,
Nimm dein Verhängnis an, lass alles unbereut.
Tu,was getan werden muss, und eh man dir´s gebeut.
Was du noch hoffen kannst, das wird noch stets geboren.

(…)








Petrarkismus

Das erste große erotische System, das in der mittelalterlichen europäischen Dichtung zur vollen Entfaltung kam, war die Vorstellungswelt der höfischen Minne.
Der Minnesang war Huldigung und Frauenkult mit dem Grundton der Liebesklage.

Minne: Mit „Minne“hat man im Mittelalter eine positive und emotionale Zuwendung bezeichnet wie zum Beispiel „Liebe“.

Nach dem Minnesang entwickelte sich in Nachahmung der Dichtung „Petrarkas“
(1304-1374) ein zweites erotisches System von europäischer Geltung, der „Petrarkismus“.
Die Petrarkisten besingen in ihren Gedichten das Bild der Geliebten, den Mund, die Hände und die Haare, vorallem preisen sie die überschönen an.


Christian Hofmann von Hofmannswaldau


                                              


                                                Beschreibung vollkommener Schönheit



Ein Haar, so kühnlich Trotz der Berenike spricht,
Ein Mund, der Rosen führt und Perlen m sich heget,
Ein Zünglein, so ein Gift vor tausend Herzen traget,
Zwo Brüste, wo Rubin durch Alabaster bricht,
Ein Hals, der Schwanenschnee weit, weit zurücke sticht,
Zwei Wangen, wo die Pracht der Flora sich beweget,
Ein Blick, der Blitze führt und Männer niederleget,
Zwei Armen, derer Kraft oft Leuen hingericht't,
Ein Herz, aus welchem nichts als mein Verderben quillet,
Ein Wort, so himmlisch ist und mich verdammen kann,
Zwei Hände, derer Grimm mich in den Bann getan
Und durch ein süßes Gift die Seele selbst umhüllet,
Ein Zierat, wie es scheint, im Paradies gemacht,
                                         Hat mich um meinen Witz und meine Freiheit bracht.


    
                                                                                                                   
                                                                                                                                      Von Jan Wächter

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